München/Taufkirchen, 31.01.2024 (lifePR) – Obwohl schon lange ein weltweites Problem, hat die WHO jetzt erstmals allgemeingültige Therapieempfehlungen bei chronischen Rückenschmerzen herausgegeben. Der deutsche Wirbelsäulenexperte Dr. Reinhard Schneiderhan ordnet die Empfehlungen ein
Es sind mehr als 600 Millionen Menschen weltweit, davon weit über 6 Millionen in Deutschland. Die Zahl der Menschen, die unter chronischen Rückenschmerzen leiden, ist ein globales Problem. Kein anderes Leiden verursacht so häufig körperliche Einschränkungen bis hin zur Berufsunfähigkeit. Neuere Untersuchungen zeigen zudem, dass die Zahl der Betroffenen kontinuierlich steigt. Möglicherweise der Grund, warum die WHO jetzt erstmals Behandlungsleitlinien für das Massenleiden veröffentlicht hat.
„Die WHO konzentriert sich bei den Empfehlungen auf chronische Rückenschmerzen im Lendenwirbelbereich“, sagt Dr. Reinhard Schneiderhan, vom gleichnamigen Medizinischen Versorgungszentrum in München-Taufkirchen. „Bei 90 Prozent aller chronischen erkrankten Rückenpatienten ist dieser Bereich auch betroffen. Allerdings diagnostizieren wir immer öfter auch ein sogenanntes chronisches HWS-Syndrom. HWS steht für Halswirbelsäule.“
In den Leitlinien rät die WHO zu nicht-chirurgischen Maßnahmen, um Menschen mit chronischen Rückenschmerzen im Lendenwirbelsäulenbereich zu helfen. Diese Interventionen umfassen:
- Bildungsprogramme, die Wissen und Hilfe zur Selbsthilfe fördern
- Muskelaufbautraining
- Physikalische Therapien
- Psychologische Hilfe, insbesondere kognitive Verhaltenstherapie
- Schmerzmittel, vor allem nicht-steroidale entzündungshemmende Medikamente
„Bildungsprogramme und das Vermitteln von Wissen rund um den Rücken an erste Stelle zu setzen, ist durchaus vernünftig“, sagt Dr. Schneiderhan. „Wenn Patientinnen und Patienten wissen, warum sie unter chronischen Rückenschmerzen leiden und welche Maßnahmen ihnen am besten helfen, ist die Motivation aktiv dagegen vorzugehen sehr viel größer.“
Denn feststeht: die meisten chronischen Rückenschmerzen könnten vermieden werden. Insbesondere durch ein Plus an Bewegung und damit einhergehend einer ausreichend starken Muskulatur, um die Wirbelsäule und alle ihre Strukturen im Lot zu halten. Deshalb steht das Muskelaufbautraining auch an zweiter Stelle der WHO-Empfehlungen. „Ein regelmäßiges Muskelaufbautraining ist nicht nur die effektivste Maßnahme Rückenschmerzen vorzubeugen, sie ist auch eine unbedingte Therapieempfehlung, wenn man bereits chronisch erkrankt ist“, sagt Dr. Schneiderhan. „Ich kann allen meinen Patientinnen und Patienten nur raten, regelmäßig die Muskeln zu kräftigen. Anfangs möglichst unter professioneller Aufsicht, um technische Fehler bei der Bewegungsausführung zu vermeiden, später dann aber auch in Eigeninitiative nach dem Okay vom medizinischen Team.“
Gezieltes Krafttraining, auch mit dem eigenen Körpergewicht, stärkt die Muskeln, entlastet so die Wirbelsäule und fördert eine bessere Haltung. Insbesondere Übungen, die den Rückenstrecker, die Bauchmuskulatur und die stabilisierenden Muskeln im Rumpf, Core genannt, trainieren, sind ein nachweislich ein probates Mittel, um chronische Rückenschmerzen erfolgreich zu bekämpfen.
Begleitend rät die WHO zu physikalischen Maßnahmen, wie Massagen, Kälte- und Wärmetherapie sowie Elektrotherapie, um nur einige zu nennen. „Diese Behandlungsmaßnahmen dienen insbesondere der Schmerzlinderung und der Förderung der Beweglichkeit und Flexibilität“, sagt Dr. Schneiderhan. „Manche physikalische Therapien sind auch gut geeignet, die Muskulatur zu kräftigen.“
Die WHO rät außerdem zu psychologischer Hilfe. Ein wichtiger Punkt, denn chronische Rückenschmerzen haben nicht nur körperliche Ursachen, sie sind auch eng mit der Psyche und den Emotionen verbunden. „Emotionale Faktoren wie Angst, Depression und Frustration, die bei den Betroffenen verständlicherweise sehr häufig auftreten, können den Schmerzwahrnehmungsprozess beeinflussen“, sagt Dr. Schneiderhan. „Eine psychologische Betreuung kann helfen, diese emotionalen Faktoren zu identifizieren und zu bewältigen, um eine positive Veränderung im Umgang mit den Schmerzen zu ermöglichen.“
Als letzten Punkt stehen nicht-steroidale Antirheumatika auf der Liste der WHO. Diese sollen allerdings nur in bestimmten Situationen zur Linderung von Beschwerden zum Einsatz kommen. Etwa dann, wenn eine entzündliche Komponente vorliegt oder in akuten Schmerzphasen. „Ich rate unbedingt dazu NSAR nur in ärztlicher Absprache einzunehmen“, sagt Dr. Schneiderhan. „Die behandelnden Ärztinnen und Ärzte können den individuellen Gesundheitszustand und die Risiken der Patientinnen und Patienten bewerten, um dann die geeignete Medikation und Dosierung zu empfehlen.
Extratipp: Gerade bei chronischen Rückenschmerzen ist die Zusammenarbeit mit einem interdisziplinären Team zu empfehlen. Fachleute verschiedener Fachrichtigen, wie Ärzte, Physiotherapeuten und Psychologen kombinieren ihre jeweiligen Expertisen und können so eine umfassende Behandlungsstrategie zu entwickeln. Dies ermöglicht eine ganzheitliche Herangehensweise, berücksichtigt unterschiedliche Aspekte der Schmerzen und verbessert die Effektivität der Therapie.
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