München, 24.09.2024 (lifePR) – Das Bundesgesundheitsministerium hat vor wenigen Tagen seine Gegenäußerungen zu den Forderungen der Länder zum Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz (KHVVG) veröffentlicht. Insgesamt geht der Bund darin nur in wenigen Punkten auf die Forderungen der Länder ein. In einem Teilaspekt scheint sich jedoch eine positive Wendung abzuzeichnen: In dem Papier werden Änderungsanträge für die Fachkliniken in Aussicht gestellt. Der VPKA Bayern begrüßt dies ausdrücklich. Der Verband, der die Interessen einer großen Zahl von u.a. Fachkliniken in privater Trägerschaft vertritt, hatte mehrfach deutlich auf die Notwendigkeit hingewiesen, deren besondere Situation zu berücksichtigen.
„Wie es scheint, werden die Besonderheiten der Fachkliniken endlich erkannt. Wir hoffen, dass diese nun auch entsprechend berücksichtigt werden“, so VPKA-Hauptgeschäftsführerin Dr. Ann-Kristin Stenger nach dem Bekanntwerden des 271-seitigen Papiers. Sie betont, die vorgesehene Leistungsgruppensystematik sei für Fachkliniken ungeeignet. „Hier brauchen wir dringend gesonderte Lösungen. Schließlich handelt es sich bei Fachkliniken keineswegs um eine Randgruppe. Vielmehr stellen sie allein in Bayern mehr als 48 Prozent der somatischen Krankenhäuser, bundesweit liegt ihr Anteil bei ca. 38 Prozent.“
Bereits der Auftritt des Bundesgesundheitsministers auf dem Krankenhausgipfel der DKG hatte beim VPKA Anlass zu vorsichtigem Optimismus gegeben. In seiner dortigen Rede am 9. September 2024 hatte Lauterbach Zugeständnisse bei der Einordnung von Fachkliniken in Aussicht gestellt. Die nun vorliegenden Gegenäußerungen der Regierungsfraktionen unterstreichen diesen positiven Richtungswechsel. Unter anderem heißt es darin, die Einrichtungen dürften (anders als im Kabinettsentwurf) Strukturvorgaben für bestimmte Leistungsgruppen auch in Kooperation mit anderen Kliniken nachweisen und auch mit niedergelassenen Ärzten kooperieren.
Negativ festzuhalten ist allerdings, dass leider – und anders als vom Minister dargestellt – immer noch keine pauschalen Ausnahmen für alle Fachkliniken geregelt werden sollen. Eine Prüfung der generellen Kooperationsmöglichkeiten für Fachkliniken ist immerhin angekündigt. Wir werden als VPKA daher die weitere Entwicklung zusammen mit unserem Dachverband BDPK sehr aufmerksam beobachten und begleiten“, so Dr. Stenger.
Sie verweist in diesem Zusammenhang auf eine vor kurzem erschienene Broschüre des BDPK mit dem Titel `Fachkrankenhäuser im KHVVG stärken, nicht schwächen´. Diese verdeutlicht in knapp gebündelter Form, warum eine Vielzahl wichtiger spezialisierter Kliniken aufgrund der Leistungsgruppensystematik künftig von der Versorgung ausgeschlossen wären. Gleichzeitig präsentiert das Papier alternative Lösungsansätze.
„Einer unserer Kritikpunkte ist, dass den Leistungsgruppen Intensivmedizin, Allgemeine Innere Medizin und Allgemeine Chirurgie im aktuellen Reformentwurf eine viel zu große Dominanz beigemessen wird. Die LG Intensivmedizin wird beispielsweise bei 52 von insgesamt 65 Leistungsgruppen am Standort erforderlich, die LG Allgemeine Innere Medizin bei 36 und die LG Allgemeine Chirurgie bei 27. Diese Voraussetzungen gehen völlig an der Realität der Fachkliniken vorbei. Wenn hier nicht entsprechend nachjustiert wird, werden Fachkliniken verschiedener Fachrichtungen künftig aus wichtigen Bereichen der Versorgung ausgeschlossen. Damit riskiert man den Zusammenbruch der über Jahrzehnte bewährten spezialisierten Gesundheitsversorgung – zulasten der Patientinnen und Patienten“, warnt sie.
Ein Beispiel: aktuell dürfen Neurologische Fachkliniken an der Schlaganfallversorgung mitwirken, sofern sie über eine Hauptfachabteilung Neurologie verfügen. Diese Kliniken bilden ein kompetentes, zuverlässiges und immens wichtiges Glied bei der regionalen Schlaganfallversorgung. Um in Zukunft jedoch die LG Stroke Unit zu erhalten, muss eine Klinik am Standort die Leistungsgruppen Allgemeine Innere, Allgemeine Neurologie und Intensivmedizin vorhalten, sowie CT oder MRT, CT-Angiografie oder MR-Angiografie, intra- und extrakranielle Sonografie einschließlich Farbduplex, TTE und Systemische Fibrinolyse u.a. „Das ist für diese Häuser weder nötig noch sinnvoll“, kritisiert Dr. Stenger. „Überdies wird es utopisch sein, die geforderten Mindestvorhaltezahlen für Innere Medizin zu erreichen.“ Der alternative Lösungsvorschlag lautet: „In der LG Stroke Unit sollte nach Allgemeinkrankenhaus und Fachkrankenhaus unterschieden werden und bei der LG Innere Medizin muss eine Kooperation ausreichen.“
Ein ähnliches Szenario biete sich bei der LG Neuro-Frühreha Phase B. „Aufgrund der Vorgabe des Kabinettsentwurfes, die LG Intensivstation vorhalten zu müssen, würden 40 Prozent der ohnehin schon sehr raren Neuro-Frühreha-Betten wegfallen! Der immense Verlegungsdruck aus den Allgemeinkrankenhäusern würde sich somit weiter verschärfen. Leidtragende wären wieder die schwerstbetroffenen Patienten.“
Auch bei den Belegarztkliniken droht eine Schließungswelle. „Nach jetzigem Planungsstand dürfen Belegärzte künftig nur noch in den LG Allgemeine Frauenheilkunde, Augenheilkunde, HNO und Mund-Kiefer-Gesichtschirurgie eingesetzt werden. Bei allen anderen Leistungsgruppen, wie z.B. Kardiologie und Orthopädie, werden sie bei der personellen Ausstattung nicht mitberücksichtigt.“
BDPK und VPKA bemängeln grundsätzlich, dass eigenständige Leistungsgruppen für Fachkrankenhäuser momentan noch komplett fehlen. „Die Dinge ohne Rücksicht auf die Versorgungsrealität und Spezifizierungen über einen Kamm zu scheren, ist grob fahrlässig. Unsere Forderung ist weiterhin, dass die Leistungsgruppen auch aus Sicht der Fachkrankenhäuser gedacht werden. Dabei geht es nicht unbedingt darum, mehr Leistungsgruppen zu schaffen. Eine Differenzierung zwischen Fach- und Allgemeinkrankenhäusern würde schon reichen. Wir setzen nun große Erwartungen in die konkreten Änderungen des Entwurfes.“