Ulm, 22.10.2024 (lifePR) – Heilpraktiker*innen, vor allem auch solche, die homöopathisch arbeiten, werden von Patient*innen oft wegen einer möglichen Krebsbehandlung konsultiert. Davon abgesehen, finden sich im Internet immer wieder auch Angebote zur Selbstbehandlung bei Krebs, und Betroffene tauschen Tipps in Netzforen aus. Welchen Stellenwert kann eine qualifiziert und professionell angewendete Homöopathie[1] bei der Behandlung krebskranker Menschen haben? Wie stehen wir als Verband zu homöopathischen Begleitbehandlungen einer konventionellen Krebstherapie und wie zu Versuchen einer Selbstheilung bei Krebs?
Krebs zählt weltweit nach wie vor zu den häufigsten Todesursachen. Allein in Deutschland leben über 4,6 Millionen Menschen mit dieser Diagnose[2]. Die Bedürfnisse der Patientinnen und Patienten werden schon daran ersichtlich, dass bis zu 60% der Betroffenen begleitend zu ihrer konventionellen Krebstherapie komplementärmedizinische Verfahren nutzen und noch mehr sich dies wünschen.
Als Berufsverband homöopathisch arbeitender Heilpraktiker*innen möchte der VKHD seine Haltung zu folgenden Gesichtspunkten klarstellen:
1. Homöopathie kann als Begleittherapie sehr hilfreich sein.
In Anbetracht heutiger medizinischer Möglichkeiten bei vielen Krebsarten kommt eine homöopathische Behandlung grundsätzlich nur als Begleittherapie infrage. Studien belegen bei homöopathischer Begleitbehandlung eine Verbesserung der Lebensqualität, beispielsweise durch Linderung von Nebenwirkungen konventioneller Maßnahmen, und teilweise auch eine Verbesserung der Prognose[3]. Bei einer Umfrage des VKHD gaben 99% derjenigen Befragten, die dies überhaupt anbieten, an, Krebspatient*innen generell nur begleitend zu einer fachärztlichen Behandlung und Kontrolle zu behandeln[4]. Ausnahmen von diesem Prinzip sehen wir in Fällen, in denen keine konventionellen Therapieoptionen mehr zur Verfügung stehen.
2. Einzelfall-Erfolge sind nicht immer übertragbar.
Es gibt eine größere Zahl dokumentierter Behandlungserfolge einer homöopathischen Behandlung bei malignen Erkrankungen, bei denen ein bösartiger Tumor sich zurückgebildet hat. Diese Fälle treten jedoch nicht hinreichend häufig und regelmäßig auf, um eine solche Behandlung als therapeutische Alternative zu einer konventionellen Behandlung zu begründen.
3. Betroffene wünschen ein Miteinander der therapeutischen Ansätze.
Die Betroffenen wünschen ein Miteinander von konventioneller und komplementärer Medizin. Die wissenschaftliche Forschung stützt ein solches Miteinander. Die Realisierung setzt interdisziplinäres Denken und Handeln, Fachkompetenzen im jeweils eigenen Bereich sowie auch die Einbeziehung des Patienten oder der Patientin auf Augenhöhe voraus. Unter ethischen Aspekten halten wir es für geboten, ebenso den Wunsch der Patient*innen nach komplementärmedizinischer Begleitung zu respektieren, wie auch über Möglichkeiten und Grenzen der verschiedenen therapeutischen Optionen aufzuklären.
4. Eigenwirksamkeit unterstützen wir, Selbstbehandlung hat enge Grenzen.
Wir begrüßen die aktive Beteiligung von Patient*innen an ihrer Therapie und den damit eingebrachten Faktor der Ermutigung und Eigenwirksamkeit. Wir halten es in diesem Zusammenhang allerdings für unerlässlich, auch über medizinische Grenzen von Selbstbehandlung aufzuklären. Das betrifft neben der Beratung in der Praxis beispielsweise auch Vorträge zu Selbsthilfe bei Krebs und anderen schweren Erkrankungen[5].
5. Beratung darf nicht zur Unterlassung gebotener Maßnahmen führen.
Eine Beratung durch Heilpraktiker*innen kann das Abwägen aller Optionen mit einbeziehen, darf jedoch ebenso wenig wie eine Behandlung zur Unterlassung medizinisch gebotener Maßnahmen führen. Lehnt ein*e Patient*in fachärztlich vorgeschlagene Maßnahmen aus Unkenntnis oder bloßer Verdrängung ab, ist entsprechende Aufklärung geboten. Zugleich respektieren wir jede informierte, wohl erwogene und autonome Patientenentscheidung und Behandelnde, die dies menschlich, therapeutisch, ethisch und rechtlich mittragen. Sind Behandlungsangebot und Patientenerwartungen jedoch nicht überein zu bringen, muss ein*e Heilpraktiker*in auch bereit sein, die Behandlung abzulehnen.
Auch eine begleitende Behandlung von an Krebs erkrankten Menschen stellt hohe fachliche, kommunikative und ethische Anforderungen an eine*n behandelnde*n Heilpraktikerin oder Heilpraktiker. Dies schließt die Bereitschaft ein, den Erkrankten in allen denkbaren Phasen und womöglich auch im Sterben zu begleiten. Anfänger*innen und Kolleg*innen ohne spezifische Weiterbildung raten wir hiervon ab. Fachlich qualifizierte, kompetente und erfahrene homöopathische Heilpraktiker*innen können nach unseren Erfahrungen einen wichtigen Platz in der begleitenden Behandlung einnehmen. Sie können dabei auch als Bindeglied zwischen medizinischen Laien und Hochschulmedizin fungieren.
Unsere Stellungnahme entspricht der durch Patientenrechte, verbandliche Berufsordnung mit Ethikrichtlinien, gesetzlich verankerte Sorgfaltspflichten, Patientenschutz und Rechtsprechung bereits gegebenen Sachlage. Sie respektiert ebenso den Grundsatz der Therapiefreiheit. Wir sind überzeugt, dass ein respektvolles Miteinander therapeutischer Ansätze und Berufe unter Einbezug der Patientinnen und Patienten die besten Ergebnisse bringt, und dafür setzen wir uns ein.
Ulm, im Oktober 2024
Vorstand und Beirat des VKHD
Ralf Dissemond, Carl Classen, Stefan Reis, Karen Schürmann, Andy Bleichner,
Bettina Henkel, Karen Lutze, Helmut Schnellrieder
[1] Überprüfte Therapeutenlisten qualifizierter homöopathisch arbeitender Heilpraktiker*innen finden Sie hier:
https://www.homoeopathie-zertifikat.de/index.php/therapeutensuche-menu
https://homoeopathie-qualitaet.de/therapeuten/
[2] Robert Koch-Institut (RKI) (2024): „Krebs in Deutschland für 2019/2020.“ Verfügbar unter: https://www.krebsdaten.de
[3] Frass, M., Lechleitner, P., Gründling, C. et al, „Homeopathic Treatment as an Add?On Therapy May Improve Quality of Life and Prolong Survival in Patients with Non?Small Cell Lung Cancer: A Prospective, Randomized, Placebo?Controlled, Double?Blind, Three?Arm, Multicenter Study“. The Oncologist, e1930–e1955. DOI: 10.1002/onco.13548
Frenkel, M., Cohen, L., Peterson, N., et al. (2010). „Integrating Complementary and Integrative Medicine in Conventional Oncology Care: The American Experience.“ Journal of Cancer, 1, 244-253. DOI: 10.7150/jca.1.244
[4] Verband klassischer Homöopathen Deutschlands (VKHD, 2024). An homöopathische Heilpraktiker*innen (nicht nur an Mitglieder) gerichtete Befragung.
[5] BKHD, DZVhÄ, VKHD (2009): Empfehlung zur Vermittlung homöopathischer Selbstbehandlung
https://www.aeha-buendnis.de/…