Stuttgart, 12.01.2024 (lifePR) – Die Anzahl an öffentlichen Apotheken ist zwar schon seit Jahren rückläufig, im Jahr 2023 erreichte der Rückgang in Baden-Württemberg mit 88 Apothekenschließungen aber eine neue Dimension. Die Landesapothekerkammer Baden-Württemberg (LAK) schickt daher einen eindringlichen Appell an die Politik: Die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen müssen endlich verbessert werden, um für die gesamte Bevölkerung auch in Zukunft eine flächendeckende und hochwertige Arzneimittelversorgung gewährleisten zu können. Leidtragende sind ansonsten in erster Linie die Patient:innen.
Zum Jahresbeginn 2024 versorgten 2.211 öffentliche Apotheken die baden-württembergische Bevölkerung mit Arzneimitteln. Das sind 88 Apotheken weniger als noch ein Jahr zuvor. Der Rückgang der öffentlichen Apotheken erreicht damit auch in Baden-Württemberg bislang nicht gekannte Ausmaße. Allein in den zurückliegenden zehn Jahren ging die Anzahl der öffentlichen Apotheken in Baden-Württemberg um mehr als 16 Prozent zurück. Dr. Martin Braun, Präsident der LAK Baden-Württemberg, ist angesichts dieser Zahlen alarmiert: „Die jährliche Anzahl an Apothekenschließungen in Baden-Württemberg liegt mittlerweile doppelt so hoch wie noch vor zehn Jahren. Dieser Trend ist keine Schwarzmalerei, sondern bittere Realität.“
Für eine nachhaltige, niedrigschwellige und effiziente Versorgung der Menschen mit Gesundheitsdienstleistungen rund um das Arzneimittel ist die Apotheke vor Ort von entscheidender Bedeutung. Nirgendwo sonst erhalten die Bürger:innen rund um die Uhr eine solch fundierte pharmazeutische Beratung, egal ob zu rezeptierten Arzneimitteln oder zu Medikamenten, die sie selbst kaufen. LAK-Präsident Dr. Braun verweist daher auch auf die unmittelbaren und mittelbaren Folgen der hohen Schließquote: „Mit jeder geschlossenen Apotheke geht für die Bürgerinnen und Bürger auch ein Stück Lebensqualität verloren.“
Durch die Notdienstapotheken garantieren die Apotheker:innen auch in der Nacht, an Wochenenden und an Feiertagen die Versorgung mit Arzneimitteln. Doch diese 24-Stunden-Bereitschaft ist für alle Apotheker:innen immer ein Zusatzdienst. Die Belastung wird mit sinkender Zahl an verfügbaren Apotheken stetig größer und kann nicht beliebig ausgeweitet werden. In der Folge werden die Wege zur nächsten Notdienstapotheke länger. Auch die Bevölkerung wird durch die sinkende Apothekenzahl also belastet.
Die LAK Baden-Württemberg drängt angesichts dieser Fehlentwicklungen auf ein zielgerichtetes und beherztes Eingreifen der Politik. „Es ist für viele Politiker eine unbequeme Wahrheit, aber hinter diesem Trend stecken in erster Linie wirtschaftliche Ursachen,“ erläutert LAK-Präsident Dr. Braun. „Das Honorar, das Apotheker mit jedem verschreibungspflichtigen Arzneimittel erhalten, wurde seit über zehn Jahren nicht angehoben, geschweige denn an die immensen Kostensteigerungen der letzten Jahre angepasst. Ganz im Gegenteil: Im Februar 2023 wurde das Honorar faktisch sogar um etwa 3 Prozent gekürzt. Immer mehr Apothekenleiter stehen dadurch mit dem Rücken zur Wand.“
In diesem Zusammenhang ist die Apothekerschaft über vermeintliche Lösungskonzepte aus dem Bundesgesundheitsministerium erschüttert. Dieses hatte in den vergangenen Monaten Pläne lanciert, die u. a. Apotheken ohne approbiertes pharmazeutisches Personal und einen Umverteilungsmechanismus bei hochpreisigen Arzneimitteln vorsehen. LAK-Präsident Dr. Braun hat dazu eine klare Haltung: „Bei Umsetzung dieser Pläne werden keine Probleme gelöst, sondern weitere existenzbedrohende Probleme geschaffen. Kein einziger Patient wäre besser versorgt, die Dynamik bei Apothekenschließungen würde sogar noch verstärkt.“
Ermutigende Signale kommen hingegen aus der Landespolitik. Nur eine Woche nach dem Apothekenprotest auf dem Stuttgarter Schlossplatz am 22. November 2023, wo baden-württembergische und bayerische Apotheker:innen auf die desolate Situation der Apotheken vor Ort hinwiesen, debattierte der Landtag von Baden-Württemberg auf Antrag der Grünen-Fraktion über die Forderungen aus der Apothekerschaft. Auch die baden-württembergischen Abgeordneten kamen zu dem Schluss, dass der Rückgang von öffentlichen Apotheken dringend gestoppt werden muss und formulierten eindringliche Worte an die Bundespolitik.